Mit Willensstärke und Ausdauer zur Maschinen- und Anlageführerin
Unter gewerblich-technischen Umschüler*innen gibt es wenige Frauen, weil sich die klassische Rollenverteilung bei der Wahl des Berufes nur langsam ändert. Umso mehr schätzen wir unsere Umschülerinnen, weil sie für uns etwas Besonderes sind. Denn aus Erfahrung können wir sagen, dass sich die Atmosphäre und das Miteinander in einer Klasse spürbar positiv entwickeln, wenn Umschülerinnen dabei sind. Wir hatten in der Vergangenheit vereinzelt Umschülerinnen, die zu einem frühen Zeitpunkt während der Umschulung schwanger wurden. Über kurz oder lang hat keine von ihnen die Umschulung beendet, auch wenn wir versucht haben, dies doch irgendwie möglich zu machen.
Das Ziel fest im Blick
Im Moment haben wir die Ehre, eine Umschülerin zu unterrichten, die ein Beispiel für Durchhaltevermögen, Disziplin und Zielorientierung ist. Sie ist fast am Ende der Schwangerschaft angelangt und ist immer noch dabei. Sie fährt jeden Tag mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Erlangen nach Nürnberg und zurück. Sie ist zuverlässig und gut gelaunt. Die Zwischenprüfung hat sie toll absolviert, auch wenn das Schwangerschaftsbäuchlein an der Werkbank schon ein wenig im Weg war. Im Dezember wird sie zum ersten Mal Mutter werden und hat vor, kurz vor der Entbindung die theoretische Abschlussprüfung vor der IHK abzulegen.
Von der Ankunft in Deutschland bis zur Ausbildung
Wir finden, das verdient besondere Würdigung und daher freuen wir uns, dass Frau Chege, unsere Umschülerin zur Maschinen- und Anlagenführerin, diesem Beitrag zugestimmt und von sich erzählt hat:
„Mein Name ist Jecinta Wangari Chege. Ich bin 37 Jahre alt und komme aus Kenia.
Im November 2014 bin ich im Rahmen der Familienzusammenführung nach Freiburg gekommen. Ich habe Deutsch gelernt und von 2016 bis 2019 in der Produktion eines Autozulieferers gearbeitet. Das hat mir richtig gut gefallen.
Aus persönlichen Gründen bin ich dann nach Erlangen umgezogen. Die Umstellung war nicht einfach. Vor allem hatte ich plötzlich sprachliche Probleme, weil ich den fränkischen Dialekt nicht verstanden habe. Trotzdem habe ich nach zwei Monaten eine Arbeit gefunden und in einer kleinen Firma wiederum in der Produktion gearbeitet. Leider habe ich diese Arbeit verloren und habe dann als Putzfrau gejobbt.
Ich habe mich von der Agentur für Arbeit beraten lassen und meine Beraterin hat mir die Chance gegeben, eine Umschulung zu absolvieren. Weil mir die Arbeit in der Produktion so gut gefallen hat, habe ich mich entschlossen, eine Umschulung zur Maschinen- und Anlagenführerin zu machen. Vorher musste ich jedoch noch das B2-Sprachniveau schaffen, was mir gelungen ist. Ich habe beim Euro-Bildungswerk Nürnberg meine Umschulung angefangen und alles war gut. Dann kam Corona. Wir hatten über mehrere Monate Online-Unterricht. Das fand ich gut, ich konnte mich zu Hause gut konzentrieren und wurde nicht abgelenkt. Die Lehrkräfte waren und sind sehr gut.
Im April 2021 habe ich dann erfahren, dass ich schwanger bin. Das kam wie eine Überraschung, weil ich das nicht erwartet hatte, obwohl ich sehr glücklich darüber bin. Jetzt bin ich schon im 8. Monat!
So, warum bin ich noch immer hier? Seit ich klein war, war mein Wunsch, dass ich weiterlerne und als Facharbeiterin arbeite und nicht als Hilfskraft. In Kenia habe ich diese Chance nicht gefunden. Ich bin sehr glücklich, dass ich diese Chance habe und will sie nutzen. Deswegen halte ich durch und bin Gott sei Dank gesundheitlich o.k..
Ich habe meine Zwischenprüfung vor der IHK Nürnberg bestanden und habe vor, vor der Geburt meines Kindes noch die theoretische Abschlussprüfung zu schreiben. Danach bleibe ich ein paar Monate zu Hause und mache dann noch meine praktische Prüfung.
Ich kann sagen, dass ich zwei Geschenke von Gott erhalten habe: mein Kind und meine Ausbildung.“
Geschlechtergerechtigkeit gehört zu den Grundsätzen unseres Unternehmens. Sprachliche Gleichbehandlung ist dabei ein wesentliches Merkmal. Für den diskriminierungsfreien Sprachgebrauch verwenden wir in Texten den Gender Star bei allen personenbezogenen Bezeichnungen, um alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten einzuschließen. Versehentliche Abweichungen enthalten keine Diskriminierungsabsicht.